Halsband oder Geschirr??? Der Glaubenskrieg in der Hundewelt!

Fast nichts wird in der Hundewelt so kontrovers diskutiert wie die Frage, ob man nun ein Halsband oder ein Geschirr im Umgang mit dem Hund benutzt. Die Diskussionen werden leidenschaftlich und mit viel Emotion geführt. Vielfach vermisst man den respektvollen Umgang in solchen Diskussionen und ganz sicher das einander zugehört wird. Es scheint als sei die Hundewelt in zwei Lager geteilt, das eine Lager, die nur und ausschließlich Geschirre nutzen und befürworten, das andere Lager eben nur Halsbänder. Beide Seiten verteidigen ihre Standpunkte leidenschaftlich. Grundsätzlich finden wir es im Allgemeinen schwierig, Dinge entschieden abzulehnen ohne einmal genau hingeschaut zu haben. Denn bei aller Leidenschaft für gewisse Themen, sollte der Blick doch eher pragmatisch ausgerichtet sein.

Das Halsband, das Geschirr und die Hundeleine (egal wie lang auch immer diese ist!) sind Zwangmittel! Denn es zwingt den Hund bei uns zu bleiben, auch wenn dieser das nicht will. Jetzt fängt es an kompliziert zu werden. Zwang auszuüben, obwohl man es doch eigentlich nicht will???

Hunde sind hochsoziale Lebewesen und sind in der Lage tiefe Freundschaften mit uns einzugehen, die ein gesamtes Leben andauern. Ihre sozialen Fähigkeiten und Bedürfnisse ähneln unseren in einem verblüffenden Maße. So zwingt sich also die Notwendigkeit auf, ihnen Regeln und Dinge zu erklären, die das Zusammenleben vereinfachen und einen Rahmen schaffen, in dem sich alle wohl fühlen. Dies sollte immer fürsorglich erfolgen und an den Fähigkeiten, das Alter und der Persönlichkeit des Gegenübers angepasst sein. Ungeduld, Wut und Unbeherrschtheit hat im Umgang mit dem Hund überhaupt nichts verloren. Das heißt, dass auch das Equipment dem jeweiligen Lernstand angepasst werden muss. Soll der Hund z.B. lernen, einen gewissen Radius um den Menschen herum einzuhalten, ist das professionelle Handling mit der Schleppleine und dem Geschirr sehr sinnvoll. Es muss also den Bedürfnissen angepasst sein.

Leider sehen wir nur allzu oft Geschirre, die vorne und hinten nicht passen, aus denen die Hunde allzu leicht hinausschlüpfen können oder den Bewegungsapparat erheblich beeinträchtigen. Rundrücken können die Folge sein. Manche Geschirre sind für heißes Sommerwetter einfach zu warm sind. Ebenfalls sehen manche Verschlüsse alles andere als vertrauenserweckend aus. Dies gilt allerdings genauso für manche Halsbänder.

Hilfreich ist es, ein gutsitzendes Halsband zu nutzen, wenn der Hund einige Themen z.B. im Aggressionsbereich hat oder auch rassespezifische Eigenschaften berücksichtigt werden müssen, usw. Das Totschlagargument, man würde dem Hund mit einem Halsband die Luftröhre zudrücken, wenn er zieht, stimmt in keinster Weise. Sollte das so sein, würde er ja aufhören zu ziehen, da er keine Luft bekommen würde. An dieser Stelle darf man Hunden durchaus die Fähigkeit anerkennen, zu entscheiden, wann etwas für ihn gut ist und wann eben nicht.

Ebenfalls ist es nicht möglich, einem leinenführigen Hund durch leichtes, versehentliches „Rucken“ am Hals Schmerzen zuzufügen. Einen Hundehals mit dem eines Menschen zu vergleichen ist völliger Blödsinn, da die Anatomie eines Hundes eine völlig andere ist als die des Menschen.

Für Reiter ist diese Diskussion völlig fremd, denn sie führen ihre Pferde an kurzer Leine und an einem Kopfhalfter. Niemand kommt auf die Idee dem Pferd einen Bauchgurt umzubinden, wenn man diese z.B. auf die frische Frühlingswiese im Frühjahr bringen will. 800 kg ungebremst können tödlich sein und das wissen Reiter ganz genau. Nur beim Hund wird so ein Theater gemacht.

Um Dinge vermitteln zu können, die das Zusammenleben für beide Parteien einfacher und vor allem ungefährlich zu machen, bedarf es nunmal des einander Zuhörens. Nicht immer stoßen wir Menschen beim Hund auf Gegenliebe. Nicht immer sind Hunde durch die Bank anpassungsgewillt, handelbar und freundlich. So ist ein beherzter Griff in ein gutsitzendes Halsband hilfreicher als irgendwo in ein Geschirr zu fassen, welches dem Hund viele Möglichkeiten lässt sich der Situation zu entziehen. Solche Situationen sind gefährlich und können schwere Verletzungen nach sich ziehen.

Wir lehnen weder Geschirre noch Halsbänder ab. Wir nutzen beides im Training, immer angepasst an die Problematik, die die Mensch-Hund-Teams mitbringen. Der Fokus im Hundetraining liegt bei uns immer auf der schnellstmöglichen Problemlösung und die dauert nicht jahrelang!!!

Alles was als Hilfsmittel im Umgang mit dem Hund hinzugefügt wird, sei es ein Geschirr, ein Halsband oder eine Leine (egal wie lang diese ist!) entfremdet Mensch und Hund voneinander. So sollte man am Ende des Tages in der Lage sein, seinem Hund Verbote und Maßgaben mitteilen und durchsetzen zu können, ohne ihn mittels Hilfsmittel davon abzuhalten. Allein durch die Persönlichkeit des Menschen und das Setzen von Rahmenvorgaben und Regeln. Sich gut zu kennen, bedeutet aber auch, dass man weiß, was der andere kann und was nicht und wo Sicherungsmaßnahmen nötig sind.

Auch das Thema der Rücksichtnahme anderen gegenüber darf niemals außer Acht gelassen werden!

Verständigung zwischen Mensch und Hund

Ilona Lindner